04.02.2025
Bund Freier evangelischer GemeindenFeG-Präses | Sieben Leitgedanken für das Wahljahr 2025
Woran ich mich orientiere
Sieben Leitgedanken für das Wahljahr 2025
Im Jahr 2025 stehen neben der Bundestagswahl am 23. Februar auch weitere demokratische Entscheidungen und Entscheidungsprozesse an. Diese fordern jede Einzelne und jeden Einzelnen heraus und stellen Personen, die Jesus nachfolgen, vor die Frage, welche Prinzipien und Werte ihnen wichtig sind. Präses Henrik Otto formuliert dafür sieben Leitgedanken.
1. Behüte dein Herz
Vor allem aber behüte dein Herz, denn dein Herz beeinflusst dein ganzes Leben. | Sprüche 4,23
Die Stimmung zu Beginn des neuen Jahres ist bei vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern einigermaßen gedämpft. Die Wirtschaft schrumpfte zuletzt, die Preise steigen und politische Unsicherheiten wachsen, wohin man schaut. Es wäre leicht, den Mut zu verlieren. Oder zu schimpfen oder schwarzzumalen. Das möchte ich nicht.
Mit offenen Augen für die Probleme der Welt möchte ich doch ein dankbares Herz für die Zusagen Gottes behalten. Der Trauer über Verlorenes halte ich die Freude über Kommendes entgegen, der Entmutigung durch düstere Prognosen die Dynamik von Gottes Geist. Ich glaube, von Gottes Geist stammt auch dieser Satz, er war auf einmal da: „Behüte dein Herz.“
2. Steuern für den Kaiser
Jesus sagte: Nun, dann gebt dem Kaiser, was ihm gehört. Und gebt Gott, was Gott gehört. | Matthäus 22,21
Das war eine Fangfrage an Jesus. Auf ein vergiftetes Kompliment folgte die Aufforderung zu einer Stellungnahme, bei der er nur verlieren konnte, wahlweise das Wohlwollen der römischen Besatzer oder das des Volkes. Jesus entschied sich in wenigen Worten (!) für eine Differenzierung:
- Kommt euren Verpflichtungen gegenüber dem Staat nach.
- Die Macht dieses Staates ist nicht absolut.
Respekt vor staatlicher Ordnung und Gesetzen ist also nicht beliebig, je nachdem, ob ich mich gerade gut vertreten fühle oder nicht. Sie ergibt sich daraus, dass Jesus Christus der Herr über beide ist, die staatliche Ordnung und die der Gemeinde!
In einer Demokratie habe ich zudem die Möglichkeit, politisch und praktisch zum Guten mitzuwirken, die Schöpfung zu bewahren, Kritik an Missständen zu äußern, für den Schutz von Kindern und Familien einzutreten, gute Bedingungen für Unternehmen zu schaffen und für Gerechtigkeit und Menschenwürde einzustehen.
Davon können Bürgerinnen und Bürger unter autoritären Regimen nur träumen. Die oberste Instanz kann ein Staat allerdings niemals sein, weil jedes menschliche Leben Gott gehört und ihm verantwortlich ist.
3. Uneingeschränkte Bindung an Gott
Jesus antwortete: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben, von ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken!“ | Matthäus 22,37
Und was ist es genau, das Gott gehört? Es ist mein Leben an sich, der tiefere Sinn, die Bestimmung als sein Ebenbild, meine vorbehaltlose Liebe, mein Denken und Handeln als vernünftiger Gottesdienst und mein Gewissen, das sich an seinen Geboten orientiert. Das alles beinhaltet die Befreiung durch Jesus Christus, die in die Nachfolge führt. Es ist die einzige Bindung, die ausnahmslos gut ist und ewig hält.
Das hilft mir, meine Loyalitäten klar zu kriegen und ein gesundes Erwartungsmanagement zu betreiben: Mit Haut und Haaren werde ich mich an niemanden hängen außer an den dreieinigen Gott. Von ihm erwarte ich Befreiung und Vollendung. Von Politikern und Politikerinnen, ihren Parteien oder der Gesellschaft nicht. Mit ihnen zusammen bewohne ich eine verwundete Welt, die es als versöhnte Welt (2. Korinther 5,19) wert ist, dass man um das Beste für sie kämpft (Jeremia 29,7).
4. Die Gegenteil-Masche durchschauen
Hört auf zu lügen und „sagt einander die Wahrheit“, weil wir aufeinander angewiesen sind. | Epheser 4,25
Der britische Schriftsteller George Orwell lässt in seinem berühmten Roman „1984“ die regierende Partei ausrufen: „Krieg ist Frieden! Freiheit ist Sklaverei! Unwissenheit ist Stärke!“ So wird dort die Wahrheit durch ein totalitäres Regime manipuliert. Das ist mir unheimlich.
Wo Begriffe so weit entleert werden, dass sie keine Bedeutung mehr haben, stirbt das Gespräch. Und damit die Lebensader der Demokratie. Unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit kann dann jeder seine eigene
Welt erschaffen und mit bloßen Behauptungen Stimmung machen. Zur Not behauptet man immer völlig ungeniert und prinzipiell das Gegenteil – Realität ist, was man dazu macht!
Was mich wundert, ist, dass wir ein solches Verhalten im Freundes- oder Bekanntenkreis nie tolerieren würden. Im öffentlichen Leben aber offenbar schon, denn da geht es ja vermeintlich um ein höheres Ziel. Wo aber der Zweck die Mittel heiligt, die Wahrheit keine Rolle mehr spielt und am Ende jeder jedem misstraut, können es sich Autokraten hübsch gemütlich machen.
5. Meinungen und Tatsachen unterscheiden
In einer Streitsache scheint jede Geschichte wahr zu sein, bis sie von jemandem zurechtgerückt wird. | Sprüche 18,17
Meinungsfreiheit ist zweifellos ein hohes Gut und unverzichtbar für die Demokratie. Das gilt auch für unliebsame Äußerungen, abwegige und sogar abstruse Vorstellungen. Unterschiedliche Perspektiven auf die Welt hat es immer gegeben, und nicht immer haben die vermeintlich Vernünftigen das Leben besser gemacht (googeln Sie mal das „Manifest der 93“).
Es gilt also, Widerspruch auszuhalten, Minderheiten eine Stimme zu geben und grundsätzlich in allem nach den besten Argumenten zu suchen. Und es gilt zu verstehen, dass Meinungen subjektiv sind und nicht dem allgemeinen Konsens entsprechen müssen.
Anders ist es mit Tatsachenbehauptungen. Sie müssen überprüfbar wahr sein, sonst sind Verleumdung, Geschichtsfälschung und Irreführung Tür und Tor geöffnet. Seriöse Kommunikatoren unterscheiden das. Auch Beleidigungen, Hassrede und Hetze gegen Minderheiten sind ein Missbrauch der Meinungsfreiheit, weil Würde und Respekt gegenüber anderen Menschen unverhandelbar sind.
6. Falsche Alternativen entlarven
Konzentriert euch auf das, was wahr und anständig und gerecht ist. | Philipper 4,8
Die Welt ist kompliziert geworden. Alles hängt irgendwie mit allem zusammen, nur versteht man kaum, wie! Das verunsichert. Gleichzeitig scheinen die, die dreist auftreten, am meisten von dieser Situation zu profitieren. Und so verlieren nicht wenige das Vertrauen in die herkömmlichen Weisen der Problemlösung, in die ganz normale politische Arbeit. Sie sind es leid zu hören, dass alles komplex und schwierig ist, dass Prozesse lange dauern, dass vermeintlich immer andere besser wegkommen. Das erzeugt Verdruss.
Da ist es eine willkommene Abwechslung, wenn mal einer sagt, dass es eigentlich ganz einfach wäre: Es gibt uns und „die anderen“, drinnen und draußen, klare Ansagen und heiligen Zorn, die da oben und wir als das Volk.
Ich bin sehr dafür, dass drängende Herausforderungen beherzt angepackt werden müssen. Aber nicht so. Denn die Ideologie dahinter ist dünn und unwahr. Sie sagt: Wenn Minderheiten verschwinden, sind wir wieder stark und einig! Wenn wir uns weniger um Schwache kümmern müssen, können wir die vorhandenen Ressourcen besser nutzen! Wir sind besser alleine dran als im Bund mit anderen! Es tut mir leid, aber so löst man im 21. Jahrhundert keine Probleme, sondern vergiftet lediglich die Herzen.
7. Fokus auf Mission behalten
So lautete der Auftrag des Herrn: „Ich habe dich zum Licht für die Völker gemacht, um der ganzen Welt die Erlösung zu verkünden.“ Als die Nichtjuden das hörten, waren sie sehr froh und dankten dem Herrn für diese Botschaft; und alle, die zum ewigen Leben bestimmt waren, begannen zu glauben. | Apostelgeschichte 13,47f
Wahljahr hin oder her, der Auftrag bleibt! Und den gibt es seit 2000 Jahren. Deshalb möchte ich auch in diesem Jahr erleben, wie Menschen sich von Jesus Christus finden lassen. Ich möchte nicht vergessen, dass alles auf Erden immer nur ein Auftakt ist zu Gottes neuer, vollendeter, ewiger Schöpfung. Dorthin geht die Reise und ich gönne jedem Menschen von Herzen einen Platz in der Reisegesellschaft der Gemeinde Jesu.
Unser Land braucht zuallererst mehr Gemeinden, schon bestehende und neu gegründete, die sich nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus Liebe zu ihren Nächsten ausstrecken. Sie sind immer beides, tatkräftig und verkündigungsstark.
Die Zeit für Gemeinden, die ihren Fokus missionarisch einstellen, ist nie vorbei. Dafür schlägt mein Herz, das verursacht mir feuchte Augen, wenn jemand heimkehrt zu Gott und in eine ganz neue Art zu leben eintritt. Umfassender kann das Heil nicht sein als durch Jesus, den gekreuzigten und auferstanden Sohn Gottes.
Henrik Otto | Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden | praeses.feg.de
Fakten Bund FeG
Der Bund Freier evangelischer Gemeinden in Deutschland KdöR (FeG) wurde 1874 gegründet und besteht aus ca. 500 selbstständigen Ortsgemeinden mit insgesamt 40 904 Mitgliedern. Er ist mit der Evangelischen Allianz in Deutschland verbunden und Mitglied der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) sowie der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Sitz der Bundesgeschäftsstelle ist Witten. Präses ist seit 2024 Henrik Otto.
Weiterführende Links
- Umkämpfte Demokratie | Gesprächskreis für soziale Fragen (GsF) | demokratie.feg.de
- FeG Vision | vision.feg.de
- Fakten zu Bund FeG | fakten.feg.de
CHRISTSEIN HEUTE | Die FeG-Zeitschrift
Lesen und erleben, was FeG bewegt
- FEG-VISION | Gemeinden, die sich anfühlen wie ein Fest – Was heißt das für die Ortsgemeinde?
- LEITEN | Gemeindeleitung – Leidenschaft und Herausforderung
- LEARNINGS | „Das haben wir verstanden“ – Gemeinden teilen ihre Erfahrungen
- GOTTESDIENST AUFGEWECKT | Praktische Impulse aus der Gottesdienstwerkstatt der FeG Theologischen Hochschule
- GLAUBEN | Gemeinde unterm Röntgenschirm –die Sendschreiben der Offenbarung
- GEMEINDELEBEN | Innovative Ideen, die Gemeinden weiterbringen
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