Vom Segeln fürs Leben lernen

Mit einem Gottesdienst endete am gestrigen Sonntag, 18. August, die Methodistische Weltkonferenz 2024. Zusammen mit den Konferenzbesuchern fanden sich rund dreitausend Menschen ein, um diesen Gottesdienst im Messezentrum im schwedischen Göteborg zu feiern. In der langen Geschichte der Methodistischen Weltkonferenzen fand sie erstmalig auf dem europäischen Festland statt.

Nur mit Verbindungslinie zu Gott unterwegs

Während der Methodistischen Weltkonferenz mit dem Motto »On the Move« – deutsch: unterwegs – fand zeitgleich eine Konferenz der Unierten Kirche in Schweden im Messegelände Göteborgs statt. Der Gottesdienst am Sonntag war der gemeinsame Abschlussgottesdienst beider Konferenzen.  Die Predigt im Abschlussgottesdienst hielt Lasse Svensson, der Bischo der Unierten Kirche in Schweden, die sich auch Ökumenekirche (schwedisch: »Equmeniakyrkan«) nennt und zu der auch Methodisten gehören.

Svensson bezog sich in seiner Predigt auf eine Passage im Philipperbrief (Kapitel 3, Verse 12-14). Dort spricht Paulus davon, das Vergangene und Zurückliegende zu »vergessen« und, so Paulus, »ich strecke mich aus nach dem, was da vorne ist«, dem er dann ohne zu zögern »nachjagen« will. Es sei leicht, so sagte der Bischof, biblische Passagen wie die aus dem Philipperbrief zu lesen. Es sei jedoch schwer, in der Kirche und den Gemeinden liebgewordene Traditionen aufzugeben. Wenn es darum gehe, Zurückliegendes zu »vergessen«, wie Paulus es sehr direkt formuliert habe, und sich auf neue Ziele auszurichten, dann gebe es Widerstände.

Mit einem Bild aus der Segelnavigation verdeutlichte Svensson die Aufgabe. Aus seiner eigenen Erfahrung als Freizeitsegler durch die Schären vor Göteborg wisse er, wie das Ziel navigierend erreicht werde. Es sei in der Regel nie direkt anzusteuern. »Aber«, so der segelnde Bischof, »es geht immer um die Verbindungslinie zum Ziel, die jeder Segler ständig im Blick hat«.

Die Tradition lehrt, den Blick nach vorne zu richten

Davon handle das Konferenzmotto: »Es geht in unserem Leben darum, die Verbindungslinie zum Ziel, zu Gott zu finden.« Das hätten frühere Generationen in den Gemeinden und Kirchen auch schon so gemacht. Daraus sei Gutes entstanden und daraus seien Traditionen geworden. Darauf dürfe dankbar zurückgeschaut werden. Allerdings sei es wichtig, sich davon nicht nach rückwärts binden zu lassen. Jede Generation habe die Aufgabe, sich von der Verbindungslinie zum Ziel »nach vorne« ausrichten zu lassen, auch wenn sich dadurch die Gemeinden und Kirchen veränderten. »Die Tradition lehrt uns, mit Gott unterwegs – on the move – zu sein und den Blick nach vorne zu richten«, so der Bischof. Dieses Motto habe die Menschen aus aller Welt nach Göteborg gebracht, und so gingen alle wieder auseinander. »Wir sind gemeinsam unterwegs – we are ›on the move‹.«

Sogar aus Nepal sind Methodisten dabei

Damit endete eine dreieinhalbtägige Konferenz, die wegen der Corona-Pandemie von mehrfacher Verschiebung betroffen war. Jetzt waren Menschen aus vielen Teilen der Welt nach Göteborg gekommen. Die Namensschilder nannten Herkunftsorte von der anderen Seite der Erde wie Australien, Neuseeland, Fidschi, Tonga oder Chile und Brasilien. Aus Singapur und der Schweiz, Deutschland und Dänemark, natürlich aus Schweden, den USA, Indien und vielen Ländern Afrikas waren Menschen da, die zu unterschiedlichsten Kirchen methodistischer und wesleyanischer Herkunft gehören. Sogar aus Nepal waren Methodisten angereist, und die Liste ließe sich noch fortsetzen.

Das Welttreffen des Methodismus wird vom Weltrat methodistischer Kirchen (World Methodist Council, WMC) organisiert und findet üblicherweise alle fünf Jahre statt. Es dient der internationalen Vernetzung, geistlichem Austausch, interkultureller Begegnung und der Beschäftigung mit Themen, die für die Gemeindearbeit hilfreich sind und die kirchliche Praxis in ihrer jeweiligen Umgebung weiterentwickeln helfen. In diesem Sinne bot das methodistische Welttreffen ein weites Angebot an Themen, Podiumsgesprächen, Vorträgen, Seminaren und Gottesdiensten.

Themen, die Kirche und Welt bewegen

Beispielsweise ging es darum, wie in Kriegsgebieten Menschen begleitet werden können, die tiefe seelische Verletzungen in sich tragen. Das Thema Migration ist fast in allen Teilen der Welt drängend. Damit beschäftigten sich mehrere Veranstaltungen. Dabei ging es auch um die Frage, in welcher Weise sich Gemeinden in der Arbeit mit Flüchtlingen engagieren können. Aus dem Inselstaat Fidschi im Südpazifik berichtete ein Vortragsredner, wie der Klimawandel dort schon krisenhafte Auswirkungen hat. Dort müssen Menschen bereits ihre angestammten Wohngebiete auf Inseln verlassen, weil der steigende Meeresspiegel sie dazu zwingt.

Darüber hinaus ging es um die Weiterentwicklung von Bildungseinrichtungen und theologischen Ausbildungsstätten, die Aktualisierung wesleyanischen Liedguts für die Anwendung in Gottesdiensten des 21. Jahrhunderts. Interesse weckte auch die Auslegung biblischer Texte durch Personen aus unterschiedlichen Religionsgemeinschaften. Ein jüdischer Rabbi, eine muslimische Auslegerin und ein christlicher Theologe setzten so ihre Akzente zur Bedeutung des Pilgerns in der jeweiligen Religion.

In einer solchen Konferenz zeigt sich die Bedeutung einer weltweiten Kirchenfamilie. In ihrer Verbundenheit können die Menschen verschiedener methodistisch und wesleyanisch geprägter Kirchen Zeichen setzen und in ihre jeweilige Gemeinschaft hineinwirken. Dazu gehören die gemeinsam bewegten Fragen, wie Menschen in der Nachfolge Jesu Wege zum gerechten Frieden mitgestalten können.

Mit einem erweiterten Horizont, der nicht nur die Bedürfnisse von Menschen im eigenen Land berücksichtigt, kann daran mitgewirkt werden, wie Wirtschaftsformen und Lebensstile verändert werden können. Das ist dringend nötig, damit die Erde nicht weiter ausgebeutet wird und der Lebensstil in einigen Teilen der Welt das Leben in anderen Teilen der Welt nicht in Gefahr bringt. So eine Begegnung auf Weltebene trägt auch dazu bei, Verschiedenheit in theologischem Denken und Gestaltung kirchlichen Lebens wertzuschätzen. Es ist ein gemeinsames Lernen, was es bedeutet, eins in Christus zu sein.

Bischof Rückert »Unsere Probleme bekommen ein anderes Gewicht«

»Besonders uns Menschen auf der Nordhalbkugel der Erde tut es gut, solche Begegnungen zu haben«, sagte Harald Rückert gegen Ende der Konferenz in Göteborg. »Es tut gut und fordert heraus, zu erleben, dass Menschen in anderen Teilen der Welt mit völlig anderen Lebenssituationen konfrontiert sind.« Dabei wies der für Deutschland zuständige Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche darauf hin, »dass wir in solchen Begegnungen wahrnehmen können, dass unsere Probleme angesichts der existenzbedrohenden Lebensumstände von Menschen in anderen Teilen der Welt ein anderes Gewicht bekommen«. Beeindruckend sei es für ihn auch gewesen, wie für Methodisten rund um den Globus »tiefe Herzensfrömmigkeit und mutiges Handeln in den Bereichen von Gerechtigkeit, Frieden, Menschenwürde, Klima und Migration fraglos zusammengehören.«

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