Die weltweite EmK findet einen versöhnten Frieden

Die am Freitag vergangener Woche, 3. Mai, zu Ende gegangene Generalkonferenz, das höchste Kirchenparlament der Evangelisch-methodistischen Kirche, fasste weitreichende Beschlüsse. Dazu gehören die Regionalisierung der Kirche mit dem Ziel stärkerer internationaler Gleichberechtigung der verschiedenen Regionen dieser Kirche, die Öffnung der Kirche für die Ordination Homosexueller sowie eine Neufassung der Sozialen Grundsätze der Kirche. Die Tagung fand in Charlotte im US-Bundesstaat North Carolina statt. Hier werden die Ergebnisse noch einmal übersichtlich zusammengefasst.

Der Streit ist beigelegt – große Einheit bei der Generalkonferenz

Nach Jahrzehnten mit regelmäßig wiederkehrenden heftigen Auseinandersetzungen bei den alle vier Jahre stattfindenden Generalkonferenzen fand die Evangelisch-methodistische Kirche bei ihrer jetzt zu Ende gegangenen Generalkonferenz in einen völlig neuen Arbeitsmodus. Fast alle Abstimmungen mit weitreichenden Konsequenzen fanden deutliche Mehrheiten von 75 bis zu 95 Prozent. Die Zustimmungswerte zeigten außerdem an, dass bei vielen der Abstimmungen auch große Teile der afrikanischen Delegierten die neue Einheit mittrugen. Nach der in einem Missklang endenden außerordentlichen Generalkonferenz von 2019 hatte kaum jemand mit einer solchen Übereinstimmung gerechnet. Weil in den Vereinigten Staaten zwischenzeitlich rund 25 Prozent der Gemeinden und Kirchenglieder die Evangelisch-methodistische Kirche verlassen hatten, war bei dieser Tagung eher mit einer sich fortsetzenden tiefen Spaltung gerechnet worden. Diese ist nun abgewendet.

Das hat sich auch atmosphärisch in den Tagen der Generalkonferenz bemerkbar gemacht. Die Wortmeldungen im Plenum waren auch bei dieser Generalkonferenz phasenweise kontrovers und intensiv. Fairness und Respekt waren jedoch erkennbar. Stark ausgeprägt, und damit auch ein deutliches Kennzeichen der in Gang gesetzten Regionalisierung, war die Rücksichtnahme auf die vielen Sprachen, in denen die Delegierten »zuhause« sind. Phasenweise mussten die Vorsitzenden im Plenum viel Geduld aufbringen, um zu verstehen, was das Ziel von Redebeiträgen und Anträgen eigentlich war. Aber es zeigte sich, dass der Wille zu respektvoller Gemeinschaft nicht nur behauptet, sondern gelebt wird. Link zum Abschlussvideo von Bischof Harald Rückert.

Die Regionalisierung als Fundament einer weltweiten Kirche

Das Signal für diese atmosphärische Wendung ging von der bereits in den ersten Tagen beratenen und beschlossenen, allerdings noch nicht in Kraft gesetzten, sogenannten Regionalisierung der Kirche aus. Weil sich die Struktur und Machtbalance der Kirche voraussichtlich nachhaltig verändern wird, ist damit ein neues Fundament für eine weltweite Kirche gelegt, die diese Bezeichnung verdient. Neben drei Regionen in Europa und Eurasien, einer Region auf den Philippinen und drei Regionen für Afrika wird es künftig auch eine neu zu bildende Region für die Vereinigten Staaten geben. Damit wird die jahrzehntelange Vorrangstellung des US-Teils der Kirche enden, der sich häufig einer weltweiten Regionalisierung und Gleichberechtigung der verschiedenen Kirchenregionen widersetzte. Die umfangreichen US-lastigen Inhalte der bisherigen Generalkonferenz werden künftig nur noch Gegenstand für die Beratungen in der US-Region der Kirche (siehe Meldung).

Mit der noch zu bestätigenden Regionalisierung werden alle Regionen der EmK, auch die USA, das Recht erhalten, Teile der Kirchenordnung dem regionalen Kontext sowie den kulturellen und gesellschaftlichen Gegebenheiten anzupassen. Dazu gehören auch die bisher höchst umstrittenen kirchenrechtlichen Rahmenbedingungen für den pastoralen Dienst, das Verständnis von Sexualität, Ehe und Familie sowie die Festlegung von Liturgien für Trauungen und andere kirchlichen Feiern.

Weil die Regionalisierung eine Änderung der Kirchenverfassung erfordert, war dafür eine Zweidrittelmehrheit nötig. Mit über 78 Prozent Zustimmung wurde der geforderte Wert deutlich übertroffen. Vor dem Inkrafttreten dieser Verfassungsänderung müssen alle Mitglieder aller Jährlichen Konferenzen der EmK weltweit ebenfalls insgesamt mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen (siehe Meldung).

»Damit wird die Evangelisch-methodistische Kirche tatsächlich zu einer weltweit gleichberechtigten Kirche«, sagte Harald Rückert, der für den deutschen Teil der Kirche zuständige Bischof. Er war zu diesem frühen Zeitpunkt der Konferenz »völlig überrascht« von der »komplett anderen Atmosphäre gegenüber früheren Generalkonferenzen«. Dass dieser Schritt zur Regionalisierung nach so vielen Jahren intensiver Vorarbeit »endlich« möglich wurde, habe ihn und viele andere »mit Hoffnung erfüllt und motiviert weiterhin diese Kirche zu gestalten«. Diesen Moment bezeichnete er als »Aufbruchstimmung«, um »miteinander die Zukunft der Kirche weltweit zu gestalten«.

Unvereinbarkeit von Homosexualität und pastoralem Dienst ist aufgehoben

Die zweite, mit Sorge erwartete Entscheidung war die Debatte über den in der Ordnung der Kirche festgeschriebenen Ausschluss von der Ordination zum pastoralen Dienst für Personen, die ihre Homosexualität offen leben. Wider Erwarten blieb auch hier eine harte Diskussion aus. In der Erwartung, dass künftig die Regionen hier eigene Standards setzen und kirchenrechtliche Regelungen treffen können, waren die Delegierten bereit, jetzt schon dieses Verbot und andere ausgrenzende Formulierungen zu beseitigen.

Mit 95 Prozent Zustimmung zur Aufhebung des vierzig Jahre alten Verbots war die Entscheidung fast einstimmig und kein Vergleich gegenüber 2019. Damals hatten sich die Delegierten genau an dieser Frage unversöhnlich zerstritten. Somit endete ein Streit, der die Kirche über viele Jahre hinweg massiv belastet hatte (siehe Meldung).

Damit erhalten alle Kirchengebiete der EmK noch vor Einführung der Regionalisierung das uneingeschränkte Recht, über das Verständnis von Ehe sowie über die Zugangsbedingungen zur Ordination zu entscheiden. Für den US-Teil der Kirche ist diese Entscheidung mit Abschluss der Generalkonferenz bereits in Kraft getreten. Die Kirchengebiete außerhalb der Vereinigten Staaten müssen diese Entscheidung innerhalb eines Jahres nach der Generalkonferenz erst noch für ihr Gebiet in Kraft setzen, soweit sie nicht bisher schon eine andere Regelung hatten. Für den deutschen Teil der Kirche bestätigt der Beschluss der Generalkonferenz die bereits getroffene Entscheidung vom November 2022. Damals hatte die Zentralkonferenz Deutschland bereits eine vergleichbare Entscheidung getroffen, die jetzt durch die Generalkonferenz bestätigt wurde.

Neufassung der Sozialen Grundsätze: kürzer, allgemeiner, offener

Die Sozialen Grundsätze sind eine bedeutende Grundlage für die soziale Ausrichtung der Evangelisch-methodistischen Kirche. Deshalb war für die vorliegende Neufassung eine kritische Diskussion erwartet worden. Mit einer Mehrheit von 76 Prozent war auch hier überraschend schnell die strittige Formulierung, dass »praktizierte Homosexualität (…) als unvereinbar mit der christlichen Lehre« angesehen wird, aus den Sozialen Grundsätzen entfernt. Gleichzeitig wurde ein offenes Verständnis von »Ehe« formuliert, das im Wesentlichen allen kulturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen der jeweiligen Gesellschaft und politischen Situation entspricht. Damit war ein 52 Jahre währender Konflikt befriedet.

Vielmehr als nur in dieser Einzelfrage will die Neufassung der Sozialen Grundsätze grundlegende Fragen allgemeiner fassen und nicht bis ins Einzelne mit konkreten Handlungsanweisungen ausführen. Aufgrund kultureller, gesellschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen sind auch hier die unterschiedlichen Regionen der Kirche gefordert, die Schlussfolgerungen für das eigene Umfeld zu konkretisieren (siehe Meldung).

Die beschlossene Neufassung der Sozialen Grundsätze tritt für den US-Teil der Kirche zum 1. Januar kommenden Jahres in Kraft. Die Kirchengebiete außerhalb der Vereinigten Staaten dürfen sie übersetzen. Sie gelten dort spätestens nach zwölf Monaten.

Weitere Beschlüsse in Kurzfassung

  • Neue Vorsitzende des Bischofsrats ist Tracy S. Malone. Die für die Jährliche Konferenz Ost-Ohio zuständige Bischöfin erhielt am 30. April von ihrem Vorgänger, Bischof Thomas J. Bickerton, den im Englischen »Gavel« genannten symbolischen Sitzungshammer überreicht. Sie ist die erste Schwarze als Präsidentin des Bischofsrats der EmK.
  • Die Evangelisch-methodistische Kirche wird ein sogenanntes »General Book of Discipline« erarbeiten. Das ist die künftig weltweit gültige und deutlich reduzierte »Verfassung, Lehre und Ordnung« der Kirche. Weil die Regionen voraussichtlich viele Regelungen selbst werden treffen können, wird es künftig eine im Umfang deutlich reduzierte, weltweit gültige Ordnung geben, die dann jeweils mit einer regionalen Fassung zu ergänzen sein wird.
  • Mit einer Mehrheit von 93 Prozent der Stimmen beschlossen die Delegierten, dass alle diskriminierenden und restriktiven Passagen, besonders im Hinblick auf sexualethische Themen, aus der bisher gültigen Ordnung der Kirche entfernt werden.
  • Das zum Kirchengebiet Nordeuropa und Eurasien gehörende Bischofsgebiet Eurasien (dazu gehören Gemeinden in Russland, Kasachstan, Kirgistan und Belarus) wird sich von der Evangelisch-methodistischen Kirche lösen und ab Mitte nächsten Jahres eine autonome methodistische Kirche bilden (siehe Meldung).
  • Bei der Generalkonferenz 2019 wurde eine Regelung eingeführt, die es Kirchengemeinden in den USA erlaubte, die Kirche mit ihrem Eigentum »aus Gewissensgründen« hinsichtlich sexualethischer Fragen zu verlassen. Dafür waren bestimmte formale Auflagen zu erfüllen. Rund 25 Prozent der Kirchengemeinden in den USA nutzten diese Regelung zum Verlassen der EmK. Die Gültigkeit dieser Regelung war Ende 2023 ausgelaufen und sollte gemäß einer von konservativen Lobbygruppen eingereichten Petition verlängert und sogar noch ausgeweitet werden. Der Antrag wurde mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.
  • Mit großer Mehrheit wurde dagegen eine freundschaftliche und versöhnungsbereite Regelung verabschiedet, die es ausgetretenen Kirchengemeinden ermöglicht, sich der Evangelisch-methodistischen Kirche wieder anzuschließen. Diese Regelung gilt nur für den US-Teil der Kirche. Die Kirchenparlamente außerhalb der Vereinigten Staaten wurden aufgefordert, gegebenenfalls eigene Regelungen für solche Kirchengemeinden auszuarbeiten. Damit setzte die Generalkonferenz ein Zeichen zur friedlichen Beilegung des Streits. Die Tür zur Rückkehr soll offenbleiben, ohne nachtragend zu sein.

 

Weiterführende Links

Mehr erfahren (externer Link)

Zurück zur Liste Startseite